Selma Meerbaum war eine junge Dichterin aus Czernowitz, die Jahrzehnte nach ihrem tragischen Tod in einem nationalsozialistischen Lager in ganz Europa bekannt wurde. Ihre Gedichte beeindrucken die Leserinnen und Leser mit ihrer Offenheit und zeigen Selmas außergewöhnliches poetisches Talent. Ein sensibles Herz eines Mädchens, das die Trauer und den Schmerz, den die Czernowitzer Juden während des Zweiten Weltkriegs erleiden mussten, widerspiegelt.
Ich möchte leben.
Schau, das Leben ist so bunt.
Es sind so viele schöne Bälle drin.
Und viele Lippen warten, lachen, glühn
und tuen ihre Freude kund.
aus: «Poem», 7. Juli 1941
Kindheit
Selma wurde am 5. Februar 1924 als Tochter des Kleinhändlers Chaim Meir Meerbaum und Friederike Schrager geboren. Als das Mädchen gerade neun Monate alt war, wurde ihr Vater krank und starb. Später heiratete ihre Mutter ein zweites Mal. Selmas Stiefvater Leo Eisinger arbeitete als einfacher Weber und daher konnte sich die Familie nur eine kleine Wohnung in der Bilaergasse Nr. 38 leisten. Das Mädchen verbrachte jedoch viel Zeit im Haus ihrer Großmutter, die ihr sehr nahestand.
Jugend
Selma war ein aktives und agiles Kind. Das Studium stand nie auf ihrer Prioritätenliste. Besonders nachdem durch die vollständige Rumänisierung des Schulwesens auch ihr deutschsprachiges Hofmann-Lyzeum in der ehemaligen Altgasse in ein rumänisches Mädchengymnasium umgewandelt worden war und sich die Atmosphäre für jüdische Schülerinnen und Schüler verändert hatte, was für rumänische Schulen in jener Zeit nicht untypisch war. Trotzdem war Selma in einigen Fächern wie Deutsch, Literatur und Religion ziemlich gut. Sie las viel und mit großer Freude. Ihre Lieblingsautoren waren Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke, Paul Verlaine und Rabindranath Tagore. Selma war eine gesellige Person, sie verbrachte gerne ihre Zeit im Freien mit ihren Klassenkameraden und besten Freundinnen, darunter Else Keren und Renée Michaeli. So verwundert es nicht, dass sie einige Zeit später Mitglieder der zionistischen Jugendgruppe Hashomer Hazair kennenlernte. Sie interessiert sich jedoch nicht so sehr für diese Bewegung, sondern eher für die anregende Gesellschaft. Bei Hashomer Hazair lernte sie Lejser Fichman kennen, einen jüdischen Jungen, der ihre erste und letzte Liebe wurde. Es scheint, dass Lejser davon keine Ahnung hatte oder aber nur vorgab, von ihren Gefühlen nichts zu ahnen. Selma wagte es nicht, ihre Gefühle zu teilen, stattdessen goss sie sie in poetische Verse. Sie schrieb ihr erstes Gedicht, als sie 15 Jahre alt war.
Selma war ein aktives und agiles Kind. Das Studium stand nie auf ihrer Prioritätenliste. Besonders nachdem durch die vollständige Rumänisierung des Schulwesens auch ihr deutschsprachiges Hofmann-Lyzeum in der ehemaligen Altgasse in ein rumänisches Mädchengymnasium umgewandelt worden war und sich die Atmosphäre für jüdische Schülerinnen und Schüler verändert hatte, was für rumänische Schulen in jener Zeit nicht untypisch war. Trotzdem war Selma in einigen Fächern wie Deutsch, Literatur und Religion ziemlich gut. Sie las viel und mit großer Freude. Ihre Lieblingsautoren waren Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke, Paul Verlaine und Rabindranath Tagore. Selma war eine gesellige Person, sie verbrachte gerne ihre Zeit im Freien mit ihren Klassenkameraden und besten Freundinnen, darunter Else Keren und Renée Michaeli. So verwundert es nicht, dass sie einige Zeit später Mitglieder der zionistischen Jugendgruppe Hashomer Hazair kennenlernte. Sie interessiert sich jedoch nicht so sehr für diese Bewegung, sondern eher für die anregende Gesellschaft. Bei Hashomer Hazair lernte sie Lejser Fichman kennen, einen jüdischen Jungen, der ihre erste und letzte Liebe wurde. Es scheint, dass Lejser davon keine Ahnung hatte oder aber nur vorgab, von ihren Gefühlen nichts zu ahnen. Selma wagte es nicht, ihre Gefühle zu teilen, stattdessen goss sie sie in poetische Verse. Sie schrieb ihr erstes Gedicht, als sie 15 Jahre alt war.
Als Selma die Schule beendete, war Europa komplett in den Zweiten Weltkrieg verwickelt. Ängstliche Vorahnungen, die mit jedem Tag in Czernowitz stärker wurden, bereiteten der sorgenfreien Jugend von Selma und ihren Mitmenschen ein Ende.
Czernowitzer Ghetto
und Deportation
Bereits am 5. Juli 1941, als rumänische und deutsche Soldaten in die Stadt einmarschierten, wurde im jüdischen Viertel gewütet und gemordet. Zum Glück lag das Haus der Eisingers weit vom Zentrum des Pogroms entfernt, und daher betraf dieser erste Akt der Grausamkeit in der Stadt Selma und ihre Familie nicht unmittelbar. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sich der Horror fortsetzte. Im Oktober 1941 mussten alle Juden auf Anordnung der rumänischen Regierung in ein Ghetto übersiedeln. Doch Selma und ihre Eltern hatten noch einmal Glück: Die Wohnung ihrer Großmutter befand sich auf dem Territorium des Ghettos, sodass sie nicht in fremden Häusern Schutz suchen oder, wie viele andere, in den kalten Herbstnächten auf Dachböden oder in Kellern leiden mussten.
Das tragische Schicksal nahm weiter seinen Lauf und es folgten bald darauf die Deportationen nach Transnistrien, wie die Rumänen das Gebiet östlich des Flusses Dnister nannten, wohin ein Großteil der Juden gebracht wurde. Die Eisingers hatten zum dritten Mal Glück: Stiefvater Leo übte einen als «notwendig» eingestuften Beruf aus, so dass er die Erlaubnis erhielt, mit seiner Familie in Czernowitz zu bleiben. Dies ermöglichte es Selma noch, dem Schicksal ihrer vielen Freunde zu entgehen, für die der Winter 1941/42 ihr letzter gewesen war. Selma fand dies später heraus, als sie selbst nach Transnistrien deportiert wurde. Vorerst erfuhr sie nur, dass ihr geliebter Lejser in ein Arbeitslager in Rumänien verschickt worden war. Selma hätte ihm gerne ihr Gedichtalbum übergeben, aber Lejser war nicht zu ihr gekommen, um sich zu verabschieden.
Einige Monate später musste Selma selbst ihre Heimatstadt verlassen, als die Eisingers von der zweiten großen Deportation erfasst und am 28. Juni 1942 in einem Eisenbahnwaggon Richtung Osten verschickt wurden. Bevor sie an einem Sammelpunkt im Maccabi-Stadion zusammenkommen mussten, hatte das Mädchen es noch geschafft, einer Freundin ihren größten Schatz zu übergeben – ihr Album mit siebenundfünfzig Gedichten – verbunden mit der Bitte, dieses eines Tages Lejser zu schenken.
Sie kam nach Transnistrien, in einen Granitsteinbruch am rechten Ufer des Südlichen Bugs unweit von Ladyzhyn, wieder ein Ghetto und SS-Soldaten, die nach Arbeitern suchten, um eine strategische Straße in der Nähe der Stadt Haisyn zu bauen. Sie musste bei Hitze, Regen und später bei Schnee arbeiten und an Orten bleiben, die für ein Leben nicht bestimmt waren. Innerhalb weniger Monate erschöpften Hunger, Kälte und harte Arbeit das junge Mädchen so sehr, dass sie sich gegen den im Lager wütenden Flecktyphus nicht mehr wehren konnte. Sie starb am 16. Dezember 1942.
Leben im Wort
Ohne ihr Gedichtalbum, das sie ihrer geliebten Freundin überreicht hatte, hätte die Erinnerung an das fröhliche Czernowitzer Mädchen Selma nicht länger gelebt als eine Generation jener Czernowitzer Bürger, die sie persönlich kannten. Es scheint, dass Lejser die bevorstehenden schwierigen Umstände erahnt und es daher nicht gewagt hatte, das Album auf seine Reise nach Palästina mitzunehmen. Er übergab das Album Selmas enger Freundin Renée Michaeli. Lejser Fichman hatte nicht das Glück, das gelobte Land zu erreichen. Renée jedoch kam dort an. So wurden Selmas Gedichte gerettet und 1976 erstmals von ihrem Lehrer Hersch Segal in Israel veröffentlicht.
Heute sind Selmas Gedichte sehr bekannt. Sie inspirieren Künstler in vielen Ländern, Kunstwerke, Musik, Theaterstücke und Performances hervorzubringen. Die Gedichte der «Anne Frank der Bukowina» wurden in viele Sprachen übersetzt. In Czernowitz können sich heutzutage Ukrainisch sprechende Leserinnen und Leser dank der Übersetzungen von Petro Rychlo, Literaturprofessor an der Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Universität Tscherniwzi, in Selmas Gedichte einfühlen.
Petro Rychlo – ukrainischer Literaturkritiker, Dozent und Übersetzer. Er übersetzte Selma Meerbaums Gedichte aus dem Deutschen ins Ukrainische für den Band «Ich bin in Sehnsucht eingehüllt».
Selmas Lyrik ist sehr intim und sie dachte selbst nicht daran, für diese Gedichte einmal berühmt zu werden. Es war ihr privates, intimes, literarisches Tagebuch in poetischer Form. Es ist diese Naivität und diese ungeschützte Seele, die ihre Gedichte so faszinierend machen. Nachdem ich eine Reihe ihrer Gedichte übersetzt hatte, die in Tscherniwzi in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht wurden, kam mir daher die Idee, diese Gedichte in einem Buch herauszubringen. Die Begegnung mit der berühmten deutschen Schauspielerin Iris Berben, die im jüdischen Haus Selmas Gedichte auf Deutsch las und ich die ukrainischen Übersetzungen, spielte hierbei eine wichtige Rolle. Es war ein sehr eindrücklicher, auch schmerzhafter Abend. Erst da ist deutlich geworden, dass diese Gedichte auch einem ukrainischen Publikum zugänglich gemacht werden sollten und ein solcher Schatz nicht unbeachtet bleiben darf. Schließlich übersetzte ich alle ihre Gedichte in einem Buch.